Innovationspreise 2021

Der Binding Innovationspreis für Biodiversität 2021 geht ex aequo an das Projekt «In den Bäumen» in Egg ZH und «Genuss für Mensch und Natur» in Lichtensteig SG

Erfahren Sie mehr ↓

Binding Innovationspreise für Biodiversität 2021

Der Binding Innovationspreis für Biodiversität kann von der Jury zusätzlich zum Hauptpreis für besonders innovative Projekte zur Biodiversitätsförderung vergeben werden. Der Binding Innovationspreis für Biodiversität 2021 geht ex aequo an:

  • das Projekt «In den Bäumen» der Simone Baumann Immobilien AG mit dem Landschaftsarchitekten Ramon Grendene und dem Architekten Jan Osterhage
  • das Projekt «Genuss für Mensch und Natur» der Gemeinde Lichtensteig

Der mit Fr. 10’000.- Franken dotierte Preis wird aufgeteilt, weil die beiden Projekte in zwei ganz unterschiedlichen Bereichen auf jeweils ihre Art und Weise als besonders innovativ für die Biodiversität eingeschätzt werden. Beide Preisträgerschaften erhalten je Fr. 5’000.-. Die beiden Projekte wurden ausgewählt aus den insgesamt 74 Biodiversitätsförderungs-Projekten, die auf die erste Ausschreibung des Preises hin bei der Stiftung eingereicht wurden.

Der Hauptpreis des «Binding Preises für Biodiversität» ist mit Fr. 100’000.- dotiert. Er wurde an das Projekt «Natur findet Stadt» des Naturama Aargau vergeben.

«Genuss für Mensch und Natur» der Gemeinde Lichtensteig

Das Projekt «Genuss für Mensch und Natur» der Gemeinde Lichtensteig wird mit dem Binding Innovationspreis für Biodiversität 2021 ausgezeichnet. Dies, weil das Projekt die Vielfalt von Pflanzen für die Bevölkerung durch die Verbindung mit Geschmack und Genuss in vorbildlicher Weise erlebbar macht. Das Projekt steht für ein neues Verständnis einer Gemeindeführung, die der Bevölkerung eine Mitwirkung bei der Gestaltung ihres Lebensumfelds ermöglicht.

Ein sehr lebensweltlicher Zugang, der stark von den Bedürfnissen der Menschen ausgeht, ermöglicht neuartige Blicke auf die Naturvielfalt. Besonders gut sichtbar sind beispielsweise Hochbeete neben der zentralen Bushaltestelle in der «Mini-Stadt», wo man Himbeeren direkt vom Strauch essen darf oder Arzneimittelpflanzen kennenlernen kann. Den Gaumen erfreuen auch Spalierobst an einer wichtigen Verbindungsachse, Beerensträucher bei einem oft besuchten Denkmal oder auf Erholungsflächen an der Thur. Wer vorbeikommt, darf Früchte und Beeren selbst ernten – kosten-, aber nicht wertlos. So wird die Bevölkerung dort für Biodiversitäts-Anliegen abgeholt, wo sie sich häufig aufhält. Auch wenn es sich teilweise um sehr kleine Flächen handelt, zeigt die Gemeinde vorbildlich, wie über die Sinne ein neues Verständnis für Naturvielfalt im Siedlungsraum geschaffen werden kann.

Das Projekt «Genuss für Mensch und Natur» der Gemeinde Lichtensteig SG lädt ein zum Selber-Pflücken seltener Gemüsesorten. Fotografie: Gemeinde Lichtensteig / Sarah Brümmer

Eine zuerst kleine, dann grösser werdende Gruppe von Grünraum-Engagierten erstellte und verbesserte in Lichtensteig kleinere und grössere Naturräume, wo Menschen selbst Essbares von Pflanzen pflücken können. Das ursprünglich ehrenamtliche Engagement wurde institutionalisiert und die Gemeinde schuf die Teilzeit-Stelle einer «Grünstadt-Beauftragten», die von Sarah Brümmer sowohl konzeptionell als auch praktisch mit ausserordentlichem Engagement und Ideenreichtum ausgefüllt wird. Die Gemeinde bis hin zu Gemeinderat und -präsident trägt das Engagement für die Naturvielfalt mit und verkörpert ein neues Verständnis einer Gemeindeführung, die mit Zukunftswerkstätten das vorhandene Kreativitätspotential «bottom up» nutzt, statt «top down» zu agieren. Lichtensteig bewirbt sich für das Label «Grünstadt Schweiz» und richtet die verwaltungsinternen Prozesse auf ein nachhaltiges Grünraum-Management aus. Zudem ist die Gemeinde bereit, den Unterhalt von Flächen an private Trägerschaften mit Freiwilligen wie die Vereine «Blühendes Lichtensteig», NaThur oder NaturFlooz abzugeben. Bei allen diesen vorbildlichen Leistungen von Lichtensteig gilt für andere Gemeinden und Städte: Nachmachen ist nicht nur erlaubt, sondern erwünscht!

https://missionb.ch/genuss-fur-mensch-und-natur

Dieses Hochbeet neben einer Apotheke an der zentralen Bushaltestelle von Lichtensteig lädt dazu ein, Medizinalpflanzen wie Thymian oder Borretsch zu probieren. Fotografie: Amt für Natur, Jagd u. Fischerei SG, Nicolas Konvi

In den Bäumen der Simone Baumann Immobilien AG

Das Projekt «In den Bäumen» der Simone Baumann Immobilien AG wird mit dem Binding Innovationspreis 2021 ausgezeichnet, weil es mit einem ganzheitlichen Ansatz Biodiversitätsförderung mit vielfältigen Aspekten nachhaltigen Bauens und einem Community-Building seiner Bewohnerinnen und Bewohner verknüpft.

Die Innovation dieses Projekts besteht darin, dass vielfältige Methoden und Ansätze für die Förderung der Biodiversität umgesetzt wurden. Intensiv- wie extensiv begrünte Dächer mit einer hohen Bestandesdichte sowie teilbegrünte Fassaden werden mit einer eindrücklichen Vielfalt von essbaren Pflanzen und Blumen kombiniert. Wildhecken, Ruderalflächen und Kleinstrukturen schaffen auf einer beschränkten Gesamtfläche sehr vielfältige Lebensräume, ebenso ein Teichsystem, mit dem auch Regenwasser für die Bewässerung der Naturflächen gewonnen wird. Nisthilfen für Vögel wie auch für Wildbienen unterstützen die Vermehrung teils bedrohter Arten. Seltene Pflanzen werden von Ramon Grendene auf einer nahegelegenen Fläche namens «The Shift Permaculture» nach dem Permakultur-Prinzip angebaut, was besonders kurze Transportwege ermöglicht. Permakultur als Prinzip basiert auf der genauen Beobachtung von natürlichen Ökosystemen.  Mit bewusster Gestaltung werden Kreisläufe aus der Natur imitiert. Durch den Aufbau von Wechselbeziehungen zwischen Pflanzen, Tieren oder Materialien werden Systeme geschaffen, die langfristig stabil und damit zukunftsfähig sind. Konkret wurden z.B. bestimmte Baumsorten und Reben so nebeneinander gepflanzt, dass diese symbiotisch voneinander profitieren können.

Das Projekt «In den Bäumen» in Egg ZH vereint gekonnt vielfältige Flora mit moderner Architektur. Fotografie: Osterhage Riesen Architekten

Die Bewohnerinnen und Bewohner der neun Wohnungen umfassenden Siedlung werden durch 14-tägliche Treffen und Arbeitseinsätze in die Umgebungsgestaltung und -pflege einbezogen. So wird gleichzeitig der soziale Zusammenhalt innerhalb der Siedlung gestärkt. Zudem wurden auch beim Bauen diverse ökologische Erkenntnisse umgesetzt. Man könnte von einem ganzheitlich-nachhaltigen «Bauparadigma» sprechen, das modular umgesetzt wurde. Wo immer möglich wurden auf dem Areal vorhandene Ressourcen direkt für den Bau wiederverwendet, so z.B. Lehm aus dem Aushub (Ortslehm), Natursteine oder auch Holz von Bäumen, die gefällt werden mussten. Beläge von Strassen und Wegen wurden sickerfähig gestaltet, geheizt wird mit Erdsonden und einer Wärmepumpen-Anlage. Durch seine grosse Vielfalt an Lebensräumen, die gesamtheitliche Sichtweise mit dem Einbezug des Menschen, dem Abfall- und Wassermanagement und einer durchdachten Biodiversitätsförderung zeigt das Projekt Lösungen auf, wie sich ein Areal zu einem vielfältigen Ökosystem entwickeln kann. Die auf Ganzheitlichkeit ausgerichtete Planung kann für andere Arealentwicklungen als Vorbild dienen.

https://missionb.ch/in-den-baumen

Das Projekt „In den Bäumen“ in Egg ZH schafft Artenvielfalt auf dem Flachdach mit Lebensräumen für Insekten. Fotografie: Osterhage Riesen Architekten

Medienspiegel